Wyoming · Montana · Utah · Arizona · New Mexico · Colorado
13. März 2022
Völlig fertig drehe ich den letzten Hering vom Zelt in den kalten Sand. Anderthalb Kilometer sind wir mit Zehn-Kilo-Rucksäcken über riesige Dünen gewandert. Jetzt ist es dunkel.ch will mich gerade hinsetzen, als ich in den Himmel schaue und augenblicklich mitten in der Bewegung innehalte. Über das samtblaue Firmament ergießen sich Millionen von Sternen wie ein umgekippter Zuckerstreuer. Und genau hinter unserem Zelt ragt die Milchstraße senkrecht empor. Wir sind in den Great Sand Dunes von Colorado und auf dem letzten Teil unseres einmonatigen Camping- und Roadtrips durch den Südwesten der USA. Ich nehme euch mit zu einer Höhle, die so unfassbar riesig ist, dass man darin das ganze Empire State Building versenken könnte, zu einer weißen Gipswüste, zu den größten Sanddünen in Nordamerika und einem ausgewachsenen Schneesturm, der uns zwei Tage lang in einer Holzhütte eingeschlossen hat.
2. Januar 2022
Wir stehen in einer Landschaft voller Krater und zylindrischer, weißer Felstürme. Über dem Horizont steht gold-orange die Abendsonne, die sich von Sekunde zu Sekunde verdunkelt. Mit blauen Wolkenscheiben, die uns wie die überdimensionalen Raumschiffe in „Independence Day“ von allen Seiten langsam, aber mächtig einschließen. Wie auf einer Insel stehen wir neben unserem kleinen rot-weißen Zelt, dessen Plane bereits im aufziehenden Wind zittert wie trockenes Laub. Wir sind mitten in der Bisti/De-Na-Zin Wilderness, einem der abgelegensten Orte von New Mexico. Keine Häuser, kein fließendes Wasser, kein Strom, kein Handyempfang.
Im zweiten Teil meines Reiseberichts über unseren einmonatigen Road- und Campingtrip durch den Südwesten der USA nehme ich euch mit zu wilden Wettergewalten, einem bedeutungsvollen Klo am Grand Canyon und einem der größten Ballon-Festivals der Welt.
7. November 2021
Wir sind auf einem Roadtrip 5.000 Kilometer durch den Südwesten der USA. Einen Monat lang. Von Wyoming durch Utah, Arizona, New Mexico und Colorado. Mit einem Zelt und einer „Off-the-Grid“-Ausrüstung.
Vor uns liegen 12 Nationalparks und Naturparks, Wüsten, Canyons, Sterne, unendliche Straßen, heiße Staubstürme und eiskalte Nächte.
Im ersten Teil unseres Reiseberichts nehme ich euch mit zu dunkelroten Felsriesen im Capitol Reef National Park, tausenden orangefarbenen Hoodoos im Bryce Canyon, tanzendem Staub im surrealen Lower Antelope Canyon und zu einem atemberaubenden Sonnenaufgang mit Sternen im Monument Valley – im offenen Geländewagen mit Bulldozer-Harry.
3. Oktober 2021
Vor uns steht der Grand Teton, der mit 4.199 Metern höchste Berg im Grand Teton National Park,
wie eine Wand. 18 Kilometer zu drei Seen wollen wir wandern. Mit 1.000 Metern Höhendifferenz. Auf einem Pfad, auf dem ich letztes Mal dreiundzwanzigeinhalb Blasen an den Füßen und Magenkrämpfe
zum Abgöbeln hatte – und das nur mit einem leichten Tagesrucksack. Also setze ich mich als Erstes mal auf einen Baumstamm und klebe meine Füße prophylaktisch ab.
Dann geht’s los. Zu einem kreisrunden Paradies aus Wasser und Steinen, zu Bären-Boxen, zu einem türkisen Gletschersee, zu Schweiß, Flüchen und gigantischen Felsbrocken – und zur schönsten und vollkommensten Spiegelung der Welt.
19. September 2021
Ich wollte ja immer mal so richtig campen gehen. In den Bergen in der Wildnis. Mit einem fetten Rucksack, der mich aussehen lässt wie Reinhold Messner. Mit einem Gaskocher unter Sternen, während im Wald der Uhu unheimlich ruft. Also haben mein Freund und ich beschlossen, dass es diesen Herbst Zeit wird, sich mit professioneller Campingausrüstung einzudecken und in die Wildnis von Wyoming auszurücken.
Backpacking im wilden Norden der Rocky Mountains ist allerdings kein Picknickausflug ins Sauerland. Das wird mir in dem Moment bewusst, als wir die ersten Meter mit den über zwölf Kilo schweren Rucksäcken gehen und ein Eichhörnchen mit kehligem Rasseln hinter einem toten Baumstamm hervorspringt. Vor uns liegen zehn Kilometer und eine kalte Nacht an einem See. Mit Elchen, Essen im Baum und Blitzen im Berg.