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15. Januar 2020
Einmal zum Sonnenuntergang am Hollywood Sign stehen. Den Wind in den Haaren, die Sonne im Gesicht und etwas Einhornstaub im Herzen. Nicht irgendwo unten, wo das Schild die Größe von Telefonbuchschrift hat. Sondern so nah, wie es geht. Das muss doch zu machen sein!
Grandioser Weise passt mein Plan zur bewegten Geschichte des Schildes: Undurchdacht und vollkommen beschallert. Was ich bei 34 Grad in endlosen Staubwüsten und völliger Dunkelheit ohne Akku in den Hollywood Hills gemacht habe. Und wie zwei Flugbegleiter mich retten mussten.
19. Oktober 2019
Das Neonlicht der Tankstelle gleißt in der totalen Finsternis. Ich beuge mich im warmen Wind über das Auto und kratze ein monströses Insekt von der Scheibe. Ein intergalaktischer Blitz erhellt die Einsamkeit der Wüste für das Blinzeln einer Sekunde. Wir sind in Green River, Utah. Nur einen Katzensprung entfernt vom Arches National Park.
Morgen müssen wir um 5 Uhr aufstehen, um uns einen romantischen Sonnenaufgang anzusehen. Das Leben kann schon hart sein.
Das ist die Geschichte von einem feuerroten Felsentor, Canyons, die wie Gänsehälse aussehen, und einem fantastischen Roadtrip mit meinem wundersamen Doppelgänger.
22. September 2019
Nach vier Monaten im tiefsten Wald von Wyoming kracht das kreischbunte, menschenüberflutete Los Angeles wie die Titanic in den Eisberg. Ich bin der Eisberg. Wie Gretel stehe ich am LAX Airport und versuche eingehüllt in eine Wand aus Smog zwischen dröhnendem Hupen und brüllenden Homo Sapiens ein paar Brotkrumen zu finden, die mir einen Hinweis auf die U-Bahn geben. Noch habe ich keine Ahnung, dass ich in den kommenden drei Stunden damit beschäftigt bin, mich in zwei Bahnen und drei Bussen quer durch die Stadt zu meinem Airbnb vorzukämpfen und dabei Bekanntschaften von der Bahn-Security bis zum Drogendealer zu machen. Hello, Los Angeles!
7. September 2019
Ich glubsche bekloppt mit meiner Fliegerpiloten-Sonnenbrille in die Kamera. Der Himmel ist knallblau und die Sonne reflektiert in den Gläsern. Wer hätte wissen können, dass ich nur wenige Stunden später mit peitschendem Wind in der Fresse ohne Halt in einer Steilwand hänge, während meinem Freund das Blut von den Beinen läuft? Wir wollten einfach nur Wandern.
Der entscheidende Moment ist der, in dem du nicht mehr zurück kannst. Der Moment, in dem du dich zum ersten Mal umdrehst und feststellst, dass nichts zwischen dir und dem kleinen grünen Fluss in 400 Metern Tiefe ist.
3. August 2019
Es ist kurz vor Mitternacht, als ich das Reisetagebuch auf den Tisch knalle. Meine Augen brennen und ich habe frenetische Unlust, noch eine einzige Zeile in dieses verdammte Buch zu schreiben.
In den vergangenen Wochen haben wir so unfassbar viele verrückte Dinge getan und gesehen, dass ich kaum dazu gekommen bin, sie irgendwo niederzuschreiben. Deshalb gibt es jetzt ein „Best of“ der schönsten und außergewöhnlichsten fünf Erlebnisse vom Tanz im Schnee über einen nassen Hintern auf der River Rafting Tour bis hin zu gigantischen Kunstwerken im Gebirge und superliebem Besuch aus Deutschland.
5. Juli 2019
Wind zerreißt die dröhnende Stille wie ein samtener Vorhang auf der Bühne in völliger Dunkelheit. Trockenes Gras beugt sich den unsichtbaren Luftströmen, bis es den staubigen Boden berührt. Es sind die einzigen Geräusche an diesem Abend, kurz vor der goldenen Stunde, bevor die Sonne hinter den schwarzen Kanten der Felsen verschwindet. Oder doch nicht?
Meine Augen fixieren die Bergkette – und die Berge scheinen zurückzublicken. Ich spüre etwas wie einen zweiten Herzschlag in mir. Der Ruf der Berge. Von der Intensität eines Stromschlags. Der Versuch einer Erklärung der Faszination des Bergwanderns.
15. Juni
„Holy Shit Moly!“, rufe ich galant und in diskreter Megaphonlautstärke quer über die Hügel. Überall dampft und faucht es. Kleine Blasen
steigen aus dem gelben Tümpel vor mir auf. Als hätte jemand versehentlich brüllend heiße Fanta verschüttet.
Ich bin mitten im Upper Geyser Basin im Yellowstone National Park.
Zwischen den Bergen der Rocky Mountains befindet sich die größte Konzentration von Geysiren auf der Welt. Manche brechen zu einer bestimmbaren Zeit aus, viele sind unvorhersehbar. Doch im Grunde ist es egal, denn allein die schiere Regenbogenpracht ihrer Existenz lässt meine Kameralinse springen und gibt mir das Gefühl, einen LSD-Trip auf dem Mars zu haben.
2. Juni 2019
Meine nassen und kalten Finger klammern sich an die schwarzen Wurzeln. Meine Lungen brennen, mein Knöchel schmerzt.
„Du hast Dreck im Gesicht“, ruft mein Freund von oben, während ein paar rostrote Steinchen geräuschvoll zehn Meter in die Tiefe knallen.Ich könnte jetzt auch im Warmen sitzen und eine Serie schauen, in der jemand mit Blut in der Fresse durch einen Wald rennt. Mein Problem war schon immer, dass ich selbst dieser jemand sein wollte.
Es gibt nichts, was ehrlicher und absoluter ist, als mit dem Herzen voran in die Natur zu springen. Um uns selbst wiederzufinden. Das Kind in uns. Und vielleicht sogar unsere wahre Bestimmung.
19. Mai 2019
Mit brennenden Augen stolpere ich die grauen Treppenstufen am Flughafen in Billings, Montana, hinunter. 29 Stunden in drei Flugzeugen mit drölfzig Lichtjahren Aufenthalt an irgendwelchen Airports liegen hinter mir. Dann sehe ich jemanden mit einem seltsamen Schild. Auf dem steht „Smokin’ hot German woman“. Ich bin sofort wieder hellwach. So einen Blödsinn kann nur einer schreiben. Mein Freund.
Wir schmeißen uns für ein paar Stunden in ein beklopptes Motel und fahren am nächsten Tag los – 2.000 Kilometer Richtung New Mexico. Wo die Windspiele wie Sterne klingen, die Wüste blüht und der Himmel in Unendlichkeit versinkt.