Etwas unsicher schiebe ich meine Kreditkarte über den Tresen. Die resolute, junge Frau zieht sie durch ein Gerät und reicht sie mir anschließend mit einem Zettel zurück, auf dem „300 Euro“ steht. Mit einem dicken Minus davor.
„Was bedeutet das?“, flüstere ich meiner besten Freundin zu. Etwas zittrig verlassen wir mit einem klobigen Schlüssel die Mietstation und versuchen, den
Leihwagen im Parkhaus zu finden. An der Hauptstraße wehen die blassgrünen Zweige der Palmen im Wind. Statt mich auf den Road Trip zu freuen, schiebe
ich Panik, weil ich den englischen Vertrag nicht richtig verstanden habe und mir auf einmal unerklärlicherweise 300 Euro abgebucht wurden, obwohl der Mietwagen schon bezahlt gewesen ist. Schöne Scheiße!
Damit euch so etwas nicht passiert, gebe ich euch in meiner kleinen Serie „Road Trips & Mietwagen“ Tipps, was ihr vorab, vor Ort und während eures Road Trips bei einem Leihwagen beachten müsst. Ich beantworte die brennendsten Fragen und möchte euch die Angst nehmen, ein fremdes Land mit dem Auto zu entdecken. Es ist nämlich weder dubios, noch gefährlich, noch unmöglich, einen vernünftigen und seriösen Mietwagen für einen tollen Road Trip zu buchen!
Nachdem ich letztens gesehen habe, dass ich mir online sogar Broccoli nach Hause bestellen kann, ist es naheliegend, in das nächstbeste Vergleichsportal zu schlittern, das unfassbar günstige Angebot auf Seite 1 zu nehmen und damit ordentlich auf die Klappe zu fliegen.
Auch wenn es oldschool klingt, habe ich meine Mietwagen immer über das gute, alte Reisebüro gebucht. Ja, da gibt es nicht nur Flüge und Hotels! Der Vorteil: Ich kann mit einem realen Menschen meine Sorgen, Fragen und Wünsche diskutieren und muss mich nicht stundenlang durch Kleingedrucktes wühlen. Vom Preis her macht es nach meinen Erfahrungen keinen Unterschied zu einer Onlinebuchung. Wenn ihr jedoch trotzdem gern im Internet buchen möchtet, lasst die Finger von Angeboten, die unter 10 Euro pro Tag liegen. Meist verstecken sich dahinter Pakete mit teuren Extras, die nicht sofort angezeigt werden.
Natürlich könnt ihr auch total spontan vor Ort buchen. Solltet ihr jedoch tatsächlich mal in einen Unfall verwickelt werden, dann ist der Gerichtsstand immer in dem Land, in dem ihr das Auto angemietet habt – für mich DAS Argument, den Wagen in Deutschland vorab zu buchen.
Übrigens: Ich hasse Broccoli.
Sagen wir mal so: Ein Führerschein hat wohl oberste Priorität. Manchmal müsst ihr ihn auch bereits für eine gewisse Zeit besitzen. Innerhalb der EU gilt die kleine Plastikkarte, auf der man immer so blöd guckt. Außerhalb wird oft der internationale Führerschein gebraucht – vor allem, wenn ihr viele Wochen mit dem Wagen unterwegs seid, wie ich es in den USA mit fast drei Monaten war. Den könnt ihr ohne Voranmeldung in eurem Straßenverkehrsamt beantragen und auch schon nach wenigen Minuten mitnehmen. Dazu braucht ihr euren EU-Führerschein und ein biometrisches Foto (das blöde also). Er kostet nur rund 20 Euro und sieht aus wie eine mausgraue Stasiakte im Plakatformat. Man darf ihn aber knicken.
In den allermeisten Fällen benötigt ihr außerdem eine Kreditkarte. Wenn nicht bei der Buchung, dann spätestens vor Ort, wenn ihr den Wagen abholt.
Diese Frage ist unter anderem stark abhängig von der Größe des Wagens, der Ausstattung, dem Umfang eurer Versicherungen, ob ihr einen Zweitfahrer möchtet, ob ihr das Auto am selben Ort zurückgebt und natürlich von der Mietdauer. Wenn ich grob über den Daumen hüpfe, sind 30 Euro pro Tag für einen Kleinwagen mit Klimaanlage, Zusatzfahrer, Vollkasko ohne Selbstbeteiligung und Haftpflichtdeckung von einer Million Euro bei einer Rückgabe am selben Ort realistisch und absolut in Ordnung. Sowohl teurer und luxuriöser als auch billiger und unseriöser geht es immer.
Das hängt stark davon ab, mit wie vielen Leuten und wie viel Gepäck ihr reist. Als Anhaltspunkt: Mit zwei Personen, zwei Rucksäcken und zwei großen Koffern (ca. 80 Liter) kommt ihr gut mit der kleinsten und günstigsten Klasse aus. Das ist dann so etwas wie ein Fiat 500 oder ein Ford KA. Es sei denn, jemand bringt einen Sack Broccoli mit. Aber das kam bei mir noch nie vor.
Das ist von Land zu Land und sogar von Unternehmen zu Unternehmen verschieden. Da besonders junge Menschen statistisch viele Unfälle bauen, vermieten manche Stationen erst ab 21, manche sogar erst ab 25. Andere wiederum vermieten auch an jüngere Fahrer, erheben aber teils lächerlich hohe Zuschläge von 30 Euro pro Tag und mehr. Das kann die Gesamtkosten mal eben verdoppeln! Also recherchiert vorher über die Gesetze in eurem Wunschland, die Begrenzungen einzelner Vermieter oder lasst euch im Reisebüro beraten.
In der Anfangsszene, in der ich glaubte, 300 Euro verloren zu haben, war ich 24 Jahre alt und wollte einen Road Trip durch Südfrankreich machen. Damals mussten wir tatsächlich knapp 30 Euro pro Tag Aufschlag zahlen, weil wir die Grenze von 25 Jahren noch nicht erreicht hatten. Im Nachhinein hat es mich geärgert.
Die 300 Euro waren übrigens überhaupt nicht weg. Aber was es damit auf sich hatte, erfahrt ihr bald in Teil 2 der Serie „Road Trips & Mietwagen: Tipps vor Ort“.
Ein heikles Thema, das sich oft dicht wie ein Urwald vor einem auftürmt. Aber mit der richtigen Sense kommt man durch. Ohne nun groß auf alle Optionen einzugehen, empfehle ich euch: Schließt eine Vollkaskoversicherung* ohne Selbstbeteiligung ab. Diese sind oft teurer als Versicherungen, bei denen ihr 300 oder sogar 1000 Euro Selbstbeteiligung habt und wirken deshalb unattraktiver, wenn man sparen möchte. Doch selbst minimale Blechschäden liegen schnell mal bei 500 Euro – leidige Erfahrung! – und bei einer Selbstbeteiligung zahlt die Versicherung erst ab einem Schaden der 300 oder sogar 1000 Euro – auf dem Rest bleibt ihr sitzen. Es kann recht unentspannt sein, mit diesem Gedanken über fremde und manchmal nicht so gut ausgebaute Straßen zu rumpeln. Also spart nicht an diesem Ende. Vorsicht auch besonders bei Mietwagen in den USA. Vollkasko bedeutet dort oft nur eine Deckung von 10.000 Euro, die bei einem Totalschaden schnell überschritten sind. Dort müsst ihr noch mal eine Extra-Vollkasko abschließen, die Schäden bis zu einer Million Euro deckt! Prüft das am besten auch für andere Länder.
Pflicht ist übrigens auch die Haftpflichtversicherung*, wie sie schon sagt. Auch diese sollte bis zu einer Million Euro decken.
In gerölligen Gegenden ist auch der Glas- und Reifenschutz sinnvoll.
*Haftpflichtversicherungen decken Schäden am Auto des Unfallbeteiligten aber nicht am eigenen Wagen
*Vollkaskoversicherungen decken auch Schäden, die ihr selbst verursacht habt, vor allem am eigenen Auto ohne Fremdbeteiligung aber Beteiligung von Blödheit oder Fehleinschätzung
Klar! Manchmal gibt es einen Zusatzbeitrag für jeden weiteren Fahrer pro Tag. Das kann je nach Mietdauer ins Geld gehen. Manche Vermieter haben zumindest einen zweiten Fahrer schon inklusive. Hier lohnen sich absolut Vergleich oder Nachfrage! Überlegt auch, ob ihr wirklich Zusatzfahrer braucht und möchtet. Vielleicht fährt einer von euch ja besonders gern und der andere hat ohnehin Muffensausen? Wenn ihr jedoch oft lange Strecken am Stück von 300 Kilometern und mehr fahrt, solltet ihr euch unbedingt abwechseln.
Meist kann man Mietwagen entweder am Flughafen oder in der Innenstadt abholen. Ich persönlich fahre nicht gern direkt nach dem Flug los, sondern möchte erst einmal richtig ankommen. Dann bietet sich das Stadtbüro oft mehr an. Manche Flughäfen erheben eine Abholungsgebühr, die das Büro in der Innenstadt nicht hat. Dafür ist es in großen Städten meist etwas weniger nervenaufreibend, von außerhalb gelegenen Flughäfen zu starten, als im dichten Gewirr der Stadt. Ich habe allerdings auch die Abholung und Rückgabe in Downtown Chicago überlebt – und das, obwohl ich mit 18 durch meine praktische Prüfung gefallen bin und mir sicher war, dass ich es niemals zum Supermarkt um die Ecke schaffen würde.
Wenn ihr euer Auto um 10 Uhr abholt, solltet ihr es auch um 10 Uhr (oder eher) wieder zurückgeben. Sonst zahlt ihr meist für einen kompletten Tag mehr – auch wenn es „erst“ 11 Uhr ist.
Ihr solltet unbedingt entscheiden, ob ihr eine einfache Fahrt von A nach B macht oder eine Rundreise von A über B zurück nach A. Auf einfache Strecken werden One-Way-Steuern erhoben, die manchmal extrem heftig ausfallen und den Mietpreis sogar verdoppeln können. Seitdem ich das weiß, mache ich fast nur noch Rundreisen.
Was diese Steuer soll: Die Autos werden nach Abgabe wieder an den Ort ihrer Anmietung zurückgebracht, um die Kapazitäten gleichzuhalten. Das kostet die Verleihfirma Personal, Sprit und eventuell sogar Übernachtungen für den Fahrer.
In den meisten Fällen ja! So musst du nie auf den Kilometerstand schielen und dir schöne Abstecher sparen. Wenn du jedoch ein tolles Angebot hast, bei dem die Kilometer etwa auf 2000 begrenzt sind und du ganz sicher ohnehin nur 700 fahren wirst, ist das eine Option. Allerdings sind die Preise mit 20 Cent pro Kilometer und mehr extrem gesalzen, wenn du die Grenze dann doch überschreiten solltest.
Es gibt verschiedene Tankregelungen. Ich nehme immer „voll/voll“, um Unstimmigkeiten und Diskussionen zu vermeiden. Das heißt, ihr bekommt ein vollgetanktes Auto und könnt sofort losfahren und müsst es kurz vor der Abgabe eben noch mal volltanken. Damit zahlt ihr auch nur genau das, was ihr wirklich verbraucht habt.
Recherchiert unbedingt vor der Buchung die aktuellen Spritpreise im Reiseland. In Ägypten kostet ein Liter Benzin etwa 35 Cent, in den USA 75 Cent und in Island 2 Euro. Überlegt, wie viel ihr ausgeben könnt und möchtet und wie lang eure Strecke in etwa sein wird, um böse Überraschungen vor Ort zu vermeiden.
(Stand März 2018)
Extras sind Dinge wie Navigationsgeräte, Kindersitze oder Schneeketten. Überlegt mit gesundem Menschenverstand, was ihr wohl brauchen werdet oder was ihr bereits habt und von zu Hause mitnehmen könnt. Jedes Extra kostet in der Regel auch extra Geld. Pro Tag.
Auch wenn sich vieles kompliziert anhört oder nach einer Menge Arbeit klingt, lasst euch nicht abschrecken. Viele Fragen lassen sich in wenigen Minuten beantworten – ob online oder im Reisebüro. Habt Mut, bucht ein Auto und entdeckt Freiheit, endlose Straßen und Orte voller Einsamkeit und Schönheit abseits großer Pauschalrouten! Im zweiten Teil „Road Trips & Mietwagen: Tipps vor Ort“ erfahrt ihr bald mehr über alles, was bei der Abholung wichtig ist: Wie ihr Geschwätz abwimmelt, unseriöse Anschuldigungen bei Kratzern vermeidet und stattdessen eine Menge Spaß haben werdet!
Falls ihr weitere Fragen habt oder ihr eigene Erlebnisse schildern möchtet, schreibt gern einen Kommentar oder schickt mir eine E-Mail an sarah@lonelyroadlover.com oder meldet euch über Facebook.
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