Apropos Vogel. Mit einem Fahrstuhl kann man hinab zum Gorge Trail fahren und ein Stück unten an den Fällen längs wandern. Als ich aus dem Schacht trete, umkreisen mich hunderte oder tausende von Möwen, die hier ihren Nistplatz haben. Es riecht etwas streng, ist aber sehr beeindruckend. So nah war ich einer so großen Vogelkolonie noch nie. Endlich klart es auf. Die Niagarafälle bestehen aus drei verschiedenen Fällen – den American Falls und Bridal Veil Falls sowie den Horseshoe Falls, die fast einen Dreiviertel-Kreis bilden. Von oben kommt man den Wassermassen schon recht nah – doch wirklich erleben und begreifen kann man sie erst mit einer Bootstour entlang des Niagara Rivers.
Mit der „Maids of the Mist“-Fähre geht es mitten hinein in das tief eingeschnittene Tal. Hinunter zum tosenden Drachen. Mit einem blauen Regencape ausgerüstet, drifte ich mit dem Boot auf die American Falls zu. Eine erste Gischtwolke schlägt mir kaltes Wasser ins Gesicht. Von hier unten wirkt es, als würden die Wasserfälle direkt aus dem Himmel stützen. Eine weiße Explosion aus Millionen von Tropfen. Der Niagara State Park ist der älteste Nationalpark der USA, 1885 gegründet. Rund 3000 Tonnen Wasser stürzen hier pro Sekunde in den Abgrund – fast drei Millionen Liter.
Langsam nähert sich die Fähre den Horseshoe Falls. Man könnte schreien (und mir ist danach, weil einfach alles so unfassbar ist hier unten), doch man würde nichts hören. Unter Donnern, Rauschen und prasselndem Regen entern wir den Kessel der Wasserfälle. Das türkise Wasser am Boden schäumt und brodelt wie blaue Lava. Alles quirlt durcheinander, tost und sprüht. Ich bin mir kurz nicht mehr sicher, ob ich mich noch auf der Erde befinde. Ich möchte ausflippen und tanzen und diesen Moment für immer festhalten.
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