Route 66 (3): Zwischen Zauber und Kerzenlicht.

22. Mai 2017

Bloggerin am Schild von New Mexico
Endlose Weite und Schönheit in New Mexico

Mal ehrlich – in Illinois und Oklahoma sieht es rund um die Route 66 meist so aus wie am Rande der A 43 zwischen Wuppertal und Herne. Korn. Strommasten. Vergammelte Werbeschilder. Machen wir uns mal nichts vor! Doch dann kommt der Tag, an dem passiere ich ein honiggelbes Schild. „New Mexico – Land of Enchantment“. Es strahlt wie die Sonne und plötzlich reißt jemand den Vorhang herunter für eine Landschaft aus Kakteen, roten Felsen und Weiten, die kein Auge und kein Verstand in diesem Leben greifen kann. Es folgt der Auftritt einer Kultur, die mitten in der Wüste ein Springbrunnen der Inspiration ist. Ein kleiner Reisebericht über türkise Pfade, zauberhaftes Kunsthandwerk und leuchtende Kerzen in der Nacht.

 

Meine Finger greifen nach dem Schaltknauf. Nicht, weil ich den in meinem Automatikwagen während der Fahrt brauche, sondern weil ich mich einfach irgendwo festhalten muss. Ansonsten könnte es sein, dass mich diese riesige und unendliche Landschaft einfach verschluckt.

Santa Fe: Das bunte Herz von New Mexico

Galerie aus Sandstein in der Downtown Santa Fe
Magisch: In Santa Fe tickt eine andere Zeit

Besser als Tod durch Tornado. Apropos, ich treffe Simon und Michael von meinem Sturm-Tag wieder und wir essen in Tucumcari lecker mexikanisch. Die Route 66-Reisenden und Anwohner sind ein ganz eigenes Volk von Verbündeten, die wissen, dass diese Straße nicht nur eine Traumstraße ist, sondern einen jeden Tag vor neue Herausforderungen stellt. Man hält zusammen, freut sich wie verrückt und brüllt bei jeder Gelegenheit wahlweise „Awesome!“ oder „Wow!“

 

Einen Tag später komme ich in Santa Fe an. Einer Stadt, die so unglaublich einzigartig ist, wie Venedig in Europa. Quadratische Lehmbauten im warmen Pueblo-Stil, über 300 Kunstgalerien, Töpfereien, Schmuckläden, fabelhaftes Essen. Auf 2000 Metern Höhe umgeben von Kakteen, rotem Sand und schneebedeckten Bergen. Ich verbringe einen ganzen Tag hier, der mir erscheint wie ein Jahr. Ich bin ewig lang in kleinen Läden verschollen, habe tolle Gespräche mit Künstlern und Galeristen, bewege mich zwischen türkisen Kacheln und bunten Holzperlen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich Uhren gesehen habe. Aber falls es dort welche gibt, haben sie sicher keine Zeiger.


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Flammende Laternen in der Nacht

Luminarias auf den Dächern von Santa Fe bei Nacht
Bei Nacht leuchten die Luminarias
Als es dunkel wird, legt sich die blaue Nacht wie ein Seidentuch über die Stadt. Auf den Rändern vieler Häuser beginnen nun die „Luminarias“ zu leuchten, kleine Papiertüten mit Kerzen darin. Ich drehe mich um mich selbst, schaue in die Sterne, höre unendlich viele Windspiele in der Ferne. New York  ist Weltstadt, Chicago hat Charme. Aber Santa Fe hat Magie.

Am nächsten Morgen breche ich auf, um den Turquoise Trail von Santa Fe nach Albuquerque zu fahren. Wie der Name es andeutet, wurden und werden hier Türkise geschürft. Von tiefblau bis grasgrün, mit Mustern oder komplett rein. Rund 100 Kilometer lang ist die gewundene und szenische Strecke.

 

Madrid und der Turquoise Trail

Postkästen in Madrid, New Mexico, Hippie-Dorf
Hippie-Postkästen in Madrid

Mein persönliches Highlight ist hier Madrid. Mit bloß einer Main Street und 300 Einwohnern ein bisschen kleiner als die Hauptstadt Spaniens – aber eine bezaubernde Zeitreise zurück in die Hippiekultur der 60er und 70er Jahre. Einst zur Geisterstadt verkommen, erweckten die Hippies das Dorf wieder zum Leben. Ein violettes Diner reiht sich an eine hellgrüne Töpferei. Gleich daneben ein gelber Schmuckladen mit Ketten und Ohrringen, die von Natives gefertigt wurden. Mit dem Wind weht der Duft von Räucherstäbchen durch den Staub. Wenn in Santa Fe jemand die Zeiger der Uhren geklaut hat, dann hat man in Madrid gleich die gesamte Zeit abgeschafft. Ich fühle mich wie Momo in Tausendundeiner Nacht mit ein paar Brotkrümeln von Hänsel und Gretel.

Einen ausführlichen Bericht mit Tipps und Streckenführung zu einem Road Trip auf dem Turquoise Trail findet ihr hier.

New Mexico: Der Himmel so weit

Bloggerin in der Landschaft von New Mexico
Vollkommene Freiheit: Endloser Himmel in New Mexico
Schon wenige Tage später passiere ich die Grenze zu Arizona. So ist das mit dem Langzeitreisenden, der sich an einer schier endlosen Straße abarbeitet – man kann nirgendwo bleiben. Aber alles bleibt im Herzen.

Jetzt geht es auf in die Nationalparks von Arizona und Utah. Die Schatzkiste der Architektur schließt sich erst einmal und die Pforte zu den Naturwundern öffnet sich. Ich muss an „The Passenger“ von Iggy Pop denken. We'll see the bright and hollow sky. We'll see the stars that shine so bright. The sky was made for us tonight. Oh the passenger, he rides and he rides.

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